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Ingroup Bias – Warum wir «uns» lieber mögen als «die anderen»

Wir alle tun es – meist, ohne es zu merken: Wir fühlen uns Menschen näher, die «so sind wie wir». Gleicher Dialekt, ähnliche Werte, dieselbe Marke – und schon empfinden wir Sympathie, Vertrauen, Zusammengehörigkeit. Hinter diesem Phänomen steckt ein spannender psychologischer Effekt: der Ingroup Bias.

Was steckt dahinter?

Der Ingroup Bias beschreibt unsere unbewusste Tendenz, Menschen aus der eigenen Gruppe zu bevorzugen – und gleichzeitig Aussenstehende subtil abzuwerten.

Unsere «Ingroup» kann alles Mögliche sein:

  • das Herkunftsland («Wir Schweizer vs. die Deutschen»),
  • ein Lieblingsverein,
  • eine Marke («Apple-User vs. Android-Fans»),
  • oder eine geteilte Haltung.

Der Sozialpsychologe Henri Tajfel zeigte in Experimenten, dass Menschen schon dann Unterschiede machen, wenn die Gruppeneinteilung völlig zufällig ist. Selbst willkürliche Gruppen entwickeln ein Wir-Gefühl – und verhalten sich loyal gegenüber der eigenen Seite.

Warum machen wir das?

Weil es uns Sicherheit und Orientierung gibt. Zugehörigkeit war evolutionär überlebenswichtig – wer zur Gruppe gehörte, hatte Schutz, Nahrung, Chancen. «Wir» zu sagen, schafft Nähe. «Die anderen» zu benennen, grenzt ab. Dieses Denken funktioniert auch heute noch – nur subtiler. Es beeinflusst, wem wir vertrauen, wen wir sympathisch finden und welche Entscheidungen wir treffen.

In der Werbung

Werbung arbeitet gezielt mit Ingroup-Dynamiken. Marken schaffen Zugehörigkeit, indem sie eine bestimmte Identität oder Haltung verkörpern:

  • Apple spricht Kreative und Nonkonformisten an – «Think Different».
  • Nike richtet sich an Menschen mit Ehrgeiz und Kampfgeist – «Just do it».
  • Coca-Cola steht für Gemeinschaft und Freude – das Gefühl, Teil von etwas Grösserem zu sein.

Sobald wir uns mit dieser Marken-«Ingroup» identifizieren, steigt unsere Kaufbereitschaft. Denn der Kauf ist mehr als ein Produktentscheid – er wird zur Selbstbestätigung: Ich bin Teil dieser Gruppe.

Wie Marken den Bias nutzen oder bremsen

👉 Verstärken:
Klare Abgrenzung («Because you’re worth it», «Think Different») erzeugt Stolz, Identität und Zusammenhalt – aber auch Ausschluss.

👉 Entschärfen:
Marken, die Vielfalt betonen («For everyone», «All together now»), schaffen ein inklusives Wir-Gefühl – das über Unterschiede hinweg verbindet.

Gerade in polarisierten Zeiten ist das nicht nur sympathisch, sondern strategisch klug.

Der Ingroup Bias wirkt leise, aber stark.

Er prägt, wem wir vertrauen, wen wir sympathisch finden und wofür wir unser Geld ausgeben. Wenn wir das wissen, können wir bewusster wahrnehmen, wann Zugehörigkeit echt ist und wann sie gezielt geschaffen wird.

Denn am Ende ist es nicht wichtig, zu welcher Gruppe wir gehören. Es kommt darauf an, wer wir sein wollen, wenn niemand hinschaut.

Kennst du den Availability Bias schon?